Das Recruiting-Bräu der Firmen teilt sich grob in drei Sorten: die Fortschrittlichen, die Minimalisten und die Verschlafer. Dabei spreche ich sowohl von der Firma selbst als auch von den Recruiting-Verantwortlichen. Die Schere öffnet sich täglich mehr: zwischen veralteter Personalbeschaffung und zukunftsgerichtetem People Attraction Management.
Der ideale Talent Attraction Manager zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Die Begleitung eines Transformationsprojektes der Talent Acquisition – konkret gesagt dem Wandel weg von einer reaktiven, prozessorientierten und wenig strategisch ausgerichteten Personalgewinnung hin zu einem Talent Attraction Center of Competence als Sparring Partner von Linie und Geschäftsleitung – bedingt die Beachtung vieler Faktoren und Stakeholder. Eine Frage in solch einem aktuellen Projekt: Wie schaffen wir es, gleichzeitig effizienter zu werden bei maximaler Verbesserung der Candidate Experience? Nebst groben Anpassungen der Prozesse, Struktur und Technologie-Einführung sind auch neue Kompetenzen notwendig. Aber auch der Blick auf die gesuchten Menschen.
Im Auftrag eines Kunden kreierten wir das Profil des Talent Attraction Partners auf Basis der folgenden zentralen Eigenschaften. bzw. Rollen:
Die Ausschreibung der Stelle auf LinkedIn erzielte innert drei Tagen folgendes Resultat: 180 Interessensbekundungen, davon gut 100 spannende Profile und eine Shortlist von 13 Profilen. Final blieben nur eine Handvoll Personen übrig, welche dem Profil entsprechen.
Warum nur wenige die Anforderungen erfüllen
Mehrheitlich mangelte es an den Eigenschaften Change Agent, Data Analyst, Vermarkter und Storyteller. Die Gespräche mit den Interessierten zeigten, dass kaum jemand in deren aktuellen Anstellung die Rollen des idealen Talent Attraction Managers ausfüllen konnte: Zu wenig Zeit, knappe Ressourcen oder kein Budget waren die klassischen Gründe dafür. Jedoch scheinen viele RecruiterInnen auch mit der hiesigen Struktur, der Kompetenzverteilung und deren Abgrenzung bspw. zu den Business PartnerInnen oder HR-ManagerInnen, Mühe zu haben. Auch fragwürdige Prozess-Schnittstellen, welche KandidatInnen zu spüren bekommen und berechtigterweise als mühsam oder wenig kundenorientiert wahrnehmen, kamen als Argument. Eine weitere – oft genannte – Ursache: HR- oder Recruiting-Verantwortliche handeln nach veralteten, kuschenden und zudienenden Werthaltungen, die auf die Zeit des „administrativen Personalbüros“ zurück gehen. Fazit: Es fehlen die notwendigen Kompetenzen und Disziplinen, oder sie sind nicht richtig alloziert.
Woran es hapert
Data Driven Recruiting
Ein Beispiel: Die Messbarmachung von Recruiting-Aktivitäten ist eine zwingende Disziplin. Dennoch kann oftmals knapp die Time-to-Hire, geschweige denn eine Channel-Analyse oder eine Conversion-Rate berechnet oder visualisiert werden. Mit dem Resultat ablehnender Geschäftsleitungsentscheide zu Investitionen in die Personalgewinnung – mangels ersichtlicher Nachvollziehbarkeit, fehlenden Vergleichen auf Basis von Fakten und somit Kostenintransparenz. Abgesehen davon fühlen sich viele RecruiterInnen wenig angetan vom Analysieren und Aufbereiten von Zahlen und Berichten. Recruiting heute ist nicht mehr nur Bewerber-Gespräche führen, sondern Auswertungen aufbereiten, Tools füttern und Quervergleiche machen.
Change Agent: Active Sourcer
Ein anderes Beispiel zeigt sich im „Active Sourcing“. Obwohl bereits in einigen Unternehmen Teil der Kanalstrategie, lässt der Erfolg oft zu wünschen übrig. Auch wundere ich mich schon länger über die «Star-Sourcer», die zwar Kandidaten-Listen generieren, von einer finalen Einstellung über Direct-Sourcing aber wenig Erfolge bekannt sind. Wieso hakt es? Nicht weil die Shortlist oder Auswahl an Personen zu knapp wäre, nein; sondern weil nachgelagerte Prozesse bis zur Vertragsunterschrift nicht an den Candidate Touchpoints und den «Verkaufsgegebenheiten» orientierend verlaufen. Ein grober Fehler. Gerade proaktiv gewonnene KandidatInnen verlangen von potenziellen Führungskräften aber auch vom Recruiting unterschiedliche Verhaltens-, und Vorgehensweisen. Diese notwendige Befähigung und das Vorantreiben innerhalb HR und bei den Führungskräften, skizzieren Profil-Eigenschaften des «Change Agents». Umso mehr fällt die Wertehaltung «Change als Chance sehen» gerade in der Personalgewinnung bei den Recruiters ins Gewicht.
Pain Points nachhaltig angehen – Branding ist out. Kandidatennähe ist in.
Transformation der Talent Acquisition ist letztlich Organisationsentwicklung. Ein ganzheitliches Verständnis aller für die Gewinnung massgebenden Disziplinen und deren Wirkung auf die Candidate und Employee Journey ist unerlässlich. Angefangen beim Firmenimage bis zur Abwicklung und letztlich Erhaltung steht es in direkter Korrelation mit dem Talent Management, Retention, der Nachwuchsplanung oder internen Entwicklungsmöglichkeiten.
Um das Ziel «die richtigen Skills zum richtigen Zeitpunkt möglichst effizient und nachhaltig ins Unternehmen holen» zu erreichen, genügt Imagepolierung nicht (mehr). Eher sollten mit Pickel und Schaufel die Strukturen, Prozesse, Kompetenzen und Technologien neu zusammengewürfelt und ausrichtet werden. Mit dem Ziel der persönlichen und nachhaltig gewinnenden Zusammenarbeit in der Welt von «Talent Economy, New Work und Generation-Ablösung».
Möchten Sie das Recruiting von Morgen und dessen Transformation erfolgreich gestalten? Im schweizweit ersten CAS FH in Strategic Talent Acquisition vermittelt Angelo Ciaramella den Teilnehmenden ein vertieftes Verständnis für die strategische digitale Personalgewinnung. Alle Talent Acquisition-Disziplinen werden praxisnah und abgerundet beleuchtet.
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